- Kleinbauern -

Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, war die finanzielle Situation bei uns permanent angespannt. Mein Vater verdiente – trotz seiner harten Arbeit – einfach zu wenig.

Deshalb gab es keinen Ausweg: wir mussten nach Alternativen zu suchen.

Die 77 ar Boden, die mein Vater geerbt hatte, mussten uns helfen. Sie mussten unser Überleben sichern.

Sie taten es dann auch, aber unter welchen Bedingungen.

In dem kleinen Anbau – unserem „Schopfen“ - hielten wir Hühner, Ziegen, Schweine, manchmal auch Hasen und Gänse.

Sie trugen wesentlich zur Entspannung unserer finanziellen Situation bei und erlaubten die Erfüllung manchen – oft notwendigen – Sonderwunsches, verursachten aber jeden Tag eine Menge Arbeit.

Daneben bewirtschafteten wir 3 größere Äcker (je ca. 20 ar).

Sie wurden abwechselnd mit Weizen und Kartoffeln bepflanzt.

Alle diese Arbeiten bedurften äußerst mühseliger Handarbeit.

Zur Vorbereitung der Kartoffelbepflanzung mussten im Frühjahr mit der Harke Hunderte von Löcher gegraben werden, in die dann je eine Kartoffel gelegt wurde.

Anschließend wurden die Löcher wieder eingeebnet.

Im Laufe des Jahres musste mehrmals das Unkraut gejätet, in manchen Jahren die Kartoffelkäfer abgesammelt werden.

Im Herbst wurde dann jeder Busch mit dem Karst herausgehauen, und die Kartoffeln von den Kräutern befreit.

Die Frauen und Kinder sammelten sie dann in Körbe, die dann in Säcke entleert wurden.

Am späten Nachmittag schickte mich mein Vater dann ins Dorf, um beim „Augustonkel“ die Kühe aus dem Stall zu holen, sie vor den Leiterwagen zu spannen und damit hinauf zum Rietacker zu fahren.

Er wuchtete dann die Säcke auf den Wagen, und wir fuhren dann zum „Maiers Franz“, wo der größte Teil der Ladung abgeliefert wurde. 3 bis 5 Mark bekamen wir für den Zentner.--

Noch mühseliger war die Weizenernte.

Nachdem der Acker im Frühjahr umgepflügt und mit der Egge eingeebnet war (mit Hilfe von „Augustonkels“ Kuhgespann), erfolgte dann die Einsaat, anfangs per Hand, später dann mit der Maschine.

Als der Weizen dann im August schnittreif war, machte sich unsere Familie früh am vereinbarten Tag auf zum Acker.

Mein Vater schnitt mit dem „Reff“ die Mahden, meine Mutter bündelte mit der Sichel die Ähren und legte sie in die von den Mädchen ausgelegten Stricke.

Meine Aufgabe war es, die Ähren zu schnüren und die Garben in Haufen zusammen zu stellen.

Gegen Abend waren die 20 ar Weizen geschnitten.

Nebenbei: Heute verrichtet ein Mähdrescher diese Arbeit in 15 Minuten, und dann ist die Frucht schon „im Sack“.

Wenn kein Regen kam, wurden die Garben nach 2 bis Tagen eingesammelt und mit dem Leiterwagen und „Onkel Gustavs“ Kuhgespann zur Familie Fundis in der Neuen Bahnhofstraße gefahren.

Dort musste der hochbeladene Leiterwagen rückwärts in den Hof und dann in die Scheune bugsiert werden.

Einzeln wurden dann die Garben dann mit einem Seilzug zur Tenne hinaufbefördert.

Es war eine mühselige und staubige Arbeit, geleistet von meinen Eltern und mir.

Und damit war es noch lange nicht getan.

Nach einer gewissen Trocknungsphase musste wiederum das Kuhgespann mit dem Leiterwagen geholt und rückwärts in die Scheune gehievt werden.

Alle Garben mussten dann wiederum auf dem Leiterwagen verstaut und anschließend zum Dreschplatz beim Sportplatz gefahren werden.

Wenn man dann an der Reihe war, wurde der Leiterwagen neben die Dreschmaschine gefahren, und mein Vater gabelte dann die Garben auf die Maschine.

Meine Mutter löste die Stricke und schob die Ähren in den Auffangschlund der Maschine.

Meine Aufgabe war es, die am hinteren Teil der Dreschmaschine heraus gepressten Strohballen wegzunehmen und seitlich zu schichten. Sie wurden später abgeholt.

Der geerntete Weizen wurde in bis zu 2 Zentner schweren Maltersäcken gesammelt und auf den Leiterwagen verfrachtet.

Nach der Bezahlung beim Dreschmeister fuhren wir mit ihnen nach Hause, wo meinen Vater die härteste Arbeit erwartete.

Er musste die oft 100 Kilo schweren Säcke auf den Speicher hinauf tragen und die Frucht dort auf dem Boden zum Trocknen ausleeren.

Er ließ sich wie immer nie etwas anmerken, aber ich bin mir heute sicher, dass er oft am Ende seiner Kräfte war.

Meine Aufgabe war es dann, die nächsten Tage den Weizen mit dem Rechen umzuwälzen – und dies täglich mehrere Male.

Wenn dann die Körner ihre Feuchtigkeit verloren hatten, wurden sie wieder in die Säcke gefüllt, hinuntergetragen und mit dem Leiterwagen zu einem Müller gefahren, meistens nach Mühlbach.

Tage später konnten wir dann das Mehl abholen.

Oft waren es keine 10 Zentner, die von der mühseligen und harten Arbeit übrigblieben.

Aber das Leben ließ keine andere Wahl.